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3D-Drucker: Behauptungen und
Entwicklungsstatus
Stand Ende 2017
In den letzten Jahren wurde in
den Medien und von Herstellern immer wieder hervorgehoben und propagiert,
dass 3D-Druckern die Zukunft gehört. In den Jahren 2012 bis Ende 2014 war
der Hype extrem hoch, es wurden immer abenteuerlichere Behauptungen
aufgestellt. Doch wo stehen wir heute mit dieser Technologie?
Der Hype hat sich
glücklicherweise gelegt, wir können nun realistisch mit der Technologie
umgehen.
Zuerst muss man
aber erkennen, dass unter 3D-Druck viele und stark unterschiedliche
Technologien zusammengefasst werden. Ich würde diese nach deren Anwendungsbereiche
in drei grosse Gruppen aufteilen:
| 3D-Drucker für den Hobbygebrauch und
Prototypen-Herstellung kleinerer Firmen, Designer und Architekten. Diese
Geräte kosten zwischen 250.- und 4000.- Fr. und können in den
allermeisten Fällen lediglich einen Kunststoff schmelzen und in
Schichten ein Teil erstellen, was je nach Grösse des Teils und
gewünschter Endqualität zwischen 10 Minuten und mehreren Tagen dauern
kann.
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| Professionelle 3D-Drucker für die Prototypen-Herstellung
und für Kleinserien. Diese Drucker arbeiten hauptsächlich mit anderen,
wesentlich aufwändigeren Verfahren und können beispielsweise Metallteile
durch Lasersintern erstellen. Solche Geräte kosten typischerweise mehr
als 50‘000.- Fr bis zu mehreren Millionen.
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| 3D Drucker für Spezialanwendungen. Diese werden für ein
ganz bestimmtes Projekt oder Anwendung konstruiert und hergestellt,
wobei sehr viele dieser Projekte noch im Experimentier- und
Entwicklungsstadium sind. Beispiele sind Drucker um ganze Häuser zu
drucken, oder Drucker im Medizinalbereich, um menschliche Zellen und
Organe zu drucken. |
Leider wurde in den Medien zwischen
diesen völlig unterschiedlichen Bereichen nicht unterschieden. Und wie auch?
Wenn selbst die Hersteller völlig überrissene Behauptungen aufstellten
(Beispiel: MakerBot).
Hier nun zwölf Behauptungen aus dem Bereich 3D-Druck der
letzten paar Jahre und realistische Einschätzungen dazu.
- In
einigen Jahren werden wir alles zuhause selber ausdrucken können, von
Ersatzteilen für die Waschmaschine über Spielzeug, von Geschirr bis zu
Elektronikbauteilen und sogar komplette Mobiltelefone und Möbel. Man
braucht nichts mehr einzukaufen bis auf das Grundmaterial. Wenn etwas
fehlt, laden wir einfach die entsprechende Datei dazu herunter und
drucken es selber aus.
Dies ist natürlich absoluter
Blödsinn.
Aber sehen wir einmal die verschiedenen Sachen genauer an:
Ersatzteile: In der Theorie wäre dies tatsächlich denkbar, wenn
auch mit grossen Einschränkungen. Heutige (Heim-) 3D-Drucker können
Bauteile mit bestenfalls gerade mal 20 x 20 x 20 cm Grösse mit
verschiedenem Plastikmaterial, wie PLA und ABS, ausdrucken. Sowohl die
beschränkte Grösse wie auch die Festigkeit und Massgenauigkeit der
fertigen Bauteile verhindern eine breitere Anwendung in diesem Bereich.
Zudem, welcher Hersteller wird schon fertige Konstruktionszeichnungen an
Endkunden abgeben, selbst gegen Bezahlung? Damit wären ja Tür und Tor
offen für Produktpiraterie. Und selbst wenn man die Zeichnung erhält,
wer trägt die rechtliche Verantwortung für die Maschine mit einem selber
zuhause produzierten Teil, wenn etwas schief läuft und es zu einem Unfall
kommt? Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass wohl die wenigsten
Anwender in der Lage sind, eine Waschmaschine zu zerlegen.
Spielzeug: Die Oberflächen der gedruckten Teile sind nach wie vor
– Prinzip bedingt – eher mässig. Die Qualität beispielsweise einfacher,
in Massen hergestellter Produkte wie simple Lego Bausteine (übrigens auch
aus ABS), sind um Welten höher und zudem viel günstiger. Die
Massgenauigkeit ist auch hier ein weiteres Problem, wenn Teile
zusammengefügt werden sollen.
Geschirr: Besteht aus Steinzeug oder Porzellan und wird nach dem Brennen
verglast.
Der Herstellungsprozess ist aufwändig erfordert ein grosses Know-how,
damit das fertige Geschirr die gewünschte Festigkeit erreicht. Heim
3D-Drucker werden wohl kaum je in der Lage sein, diesen Prozess
durchzuführen. Und wozu auch? Geschirr kostet nicht alle Welt, es gibt
Geschirr in allen möglichen Formen und Farben, wozu also selber
ausdrucken?
Elektronik und Mobiltelefone: Es gibt zwar Bestrebungen,
Leiterplatten im 3D Verfahren herzustellen. Die Leiterbahnen sind aber
derzeit um ein vielfaches breiter, die Toleranzen absolut ungenügend,
die Leitfähigkeit schlecht und auch nur für simple Schaltungen geeignet,
im Gegensatz zu professionell hergestellten Leiterplatten.
Elektronikbauteile wie integrierte Schaltkreise werden wir nie zuhause
herstellen können. Diese werden in Milliarden teuren Fabriken in
Reinsträumen hergestellt. Bei dieser Herstellung geht es um einzelne
Atome.
Bei einem Mobiltelefon kommen zusätzlich ´zig Materialien zusammen, wie
beispielsweise Glas. Uns bleibt einzig der Ausdruck einer mehr oder
weniger ansprechenden Schutzhülle.
Möbel: Wie soll dies je möglich sein? Dazu müssten wir einen
ganzen Raum opfern, um beispielsweise einen Kleiderschrank herzustellen
(oder einen halben Raum für einen 3D-Drucker in der Grösse um einen
Stuhl zu drucken), und wer möchte schon Möbel aus Plastik? Abgesehen
davon wäre allein der Rohstoff unbezahlbar, geschweige denn ein solcher
Drucker. Nicht nur Grösse und Kosten dazu, es stellt sich vor allem die
Frage wozu? Möbel wechselt man ja nicht allzu häufig.
Die Innereien eines iPhone4: Niemals wird es möglich sein, so etwas
zuhause zu produzieren.
Bild: wefixit
Fazit: Behauptung 1 ist völlig absurd und entpuppt sich als reine
Science-Fiction
- Jeder
wird selber neue Objekte konstruieren können und gleich selber
ausdrucken.
Die Einschränkungen beim „selber
ausdrucken“ haben wir oben schon gesehen. Schauen wir uns einmal den
ersten Teil dieser Behauptung an: neue Objekte konstruieren. Das hört
sich ja ganz einfach an. Also kann ich mir eine Software auf meinem PC
installieren und meine eigenen Teile konstruieren? Ja – in der Theorie
schon. Aber diese Programme sind schwer erlernbar. Nicht umsonst gibt es
dazu diverse Ausbildungen und Berufe. Selbst wenn man die Bedienung des
Programms einmal erlernt hat, ist man noch lange kein Konstrukteur,
Designer oder Architekt. Dazu braucht es sehr viel Fachwissen. Schon
einfache Sachen wie ein 3mm Stift passt nicht in ein 3mm Loch dürften in
der Bevölkerung wenig bekannt sein.
Ein Teil in einem CAD Programm erstellt. Wer traut sich das zu? Bild:
GlobalSpec
Fazit: Behauptung 2 wird sich nie bewahrheiten. Ebenso wenig wie ein
Laserdrucker aus dem Besitzer einen Buchautor macht, macht ein
3D-Drucker aus dem Besitzer auch keinen Konstrukteur.
- Die
Produktion wird sich von China zurück in die westliche Welt verschieben,
da die Produkte nun gleich vor Ort nach Bedarf produziert werden können.
Auch diese Behauptung ist weit weg
von der Realität. Gewiss werden einige Produkte - vorwiegend im
High-Tech Bereich - mit der 3D-Techologie erstellt werden. Diese Teile
wurden aber jetzt schon in den entwickelten Industrienationen
hergestellt. Die Massenproduktion ist derzeit noch massiv günstiger, und
auch bedeutend schneller, bei konstant hoher Qualität. Dieser Markt hat
China für sich gewonnen.
Diese Bilder von Containerschiffen werden wir so schnell nicht
verlieren. Bild: Wikipedia
Fazit: Behauptung 3 wird - wenn überhaupt - nur in ganz wenigen
Fällen eintreten.
- Wir
werden unser Essen in Zukunft mit dem 3D-Drucker „zubereiten“.
Das hört sich ja erstmal gut an,
einfach in der Küche über einen Touchscreen oder einer App auf dem
Mobiltelefon ein Menü auswählen, und der 3D-Drucker produziert ein
leckeres Essen.
Was hier nicht passt ist die Tatsache, dass ein 3D-Drucker kein Essen
produziert. Der Drucker kann lediglich vorab zugeführte Speisen – hier
in Form von Pasten – aufeinander schichten. Dass dies zudem recht lange
dauert, muss wohl nicht noch zusätzlich erwähnt werden. Weshalb sollte
ich mir also so ein sperriges Möbel in die Küche stellen, verschiedene
Pasten kaufen (lecker!) und einsetzen, um daraus eine Pizza zu drucken
und dieses anschliessend im Ofen backen, wenn ich gleich in wenigen
Minuten eine Tiefkühlpizza im Ofen aufheizen kann? Dass ich den 3D-Drucker anschliessend noch mühsam reinigen und die ganzen Pasten wieder
luftdicht verschlossen im Kühlschrank versorgen muss spricht ebenso
gegen diesen Ansatz wie auch das Verfalldatum der ganzen Zutaten.
Foodini "druckt" Essen aus Tuben, backen muss man diese dann selber.
Foto: Foodini
Fazit: Behauptung 4 ist einfach nur Quatsch.
Es bringt schlichtweg keine Erleichterung, im Gegenteil: es dauert
länger, macht mehr Dreck, ist schlechter im Geschmack... also wo soll da
der Vorteil sein? So etwas braucht es ebenso
wenig wie die Ende der 80er Jahre massenweise verkauften
Brotbackautomaten, welche seither wohl grösstenteils in der hintersten
Ecke des Küchenschrankes verstauben, so sie denn nicht schon entsorgt
wurden.
- Häuser
werden in Zukunft mit riesigen 3D-Druckern komplett vor Ort nach
individuellen Plänen hergestellt.
Es gibt einige Projekte, welche in
diese Richtung gehen. Doch noch sind wir meilenweit davon entfernt. Ein
chinesischer Hersteller, Winsun, behauptete, ganze Häuser ausdrucken zu
können. Diese Mitteilung wurde durch alle Medien gejagt. In Wirklichkeit
hat Winsun aber bloss einige Wände in einer Fabrikhalle mit einem
3D-Drucker erstellt, diese Wände anschliessend zur Baustelle
transportiert und dort zusammengebaut. Diese als Fertigelement-Bauweise
bekannte Methode ist nun weder bahnbrechend noch neu. Bisher wird auch
nur der Mörtel (Beton) im 3D Verfahren eingebracht, also bloss die Hülle
und ein paar Innenwände. Der komplette Innenausbau mit elektrischen
Leitungen, Rohrleitungen, der Küche mit allen Geräten und
Einbauschränke, die sanitären Installationen, Lampen, die Heizung, die
Fenster und Türen mit den Zargen, die Isolation, die Bodenbeläge sowie
der Verputz und einiges mehr muss nach wie vor manuell durchgeführt
werden.
Einzelne Elemente, und nicht ganze Häuser: Winsun
Fazit: Behauptung 5 ist massiv übertrieben. Auch wenn es möglich sein
sollte, die Wände im 3D Verfahren zu erstellen, ist dies nur ein kleiner
Teil das Hausbaus und entsprechend auch nur ein kleiner Teil der Kosten.
- Kleider
werden in Zukunft auf 3D-Druckern produziert (wobei in einigen Medien
sogar noch „zuhause“ angeführt wurde). Wir alle werden dann
massgeschneiderte Kleider haben.
Lassen wir mal das „zuhause“ weg,
aus dem genannten Grund, dass die Drucker schlichtweg viel zu klein dazu
sind. Wer will schon Plastikunterwäsche? Oder einen Pullover aus dicken
Nylonfäden in Bienenwabenform zusammen gebraten? Massgeschneiderte
Kleider gibt es, seit es Kleider gibt (und sind eigentlich erst seit der
industriellen Revolution nicht mehr der Normalfall).
Wie soll das gehen? Ein Massband um den Bierbauch und die Zentimeter
dann in einer App eingeben? Möglich, aber dazu braucht es keine
3D-Drucker. Abgesehen davon ist das schon heute möglich.
Plastikschuh von Adidas aus dem 3D Drucker. Wird wohl auch
Stoffeinlagen haben, ansonsten wäre das Teil wohl nicht tragbar... Bild:
Adidas
Fazit: Auch Nummer 6 ist wieder eine Behauptung, welche völlig an der
Realität vorbei geht.
Die Firma Footz, welche Schuhe nach Mass herstellen wollte, ist derzeit
auch în der Versenkung...
- 3D-Drucker
werden die Umwelt retten. Durch die Herstellung der Produkte „vor Ort“
werden viele (lies: die meisten) Gütertransporte auf dem See-, Luft- und
Strassenweg wegfallen. Es werden also digitale Dateien verschickt
anstatt Produkte zu transportieren.
Die „Herstellung vor Ort“ wird
sich kaum durchsetzen. Bezahlbare professionelle Drucker können nur
einfache Teile herstellen, und dazu auch nur sehr langsam. Die
Massenproduktion solcher Teile beispielsweise in China wird in
absehbarer Zeit trotz Transport „um die halbe Welt“ massiv günstiger
sein. Kompliziertere Teile benötigen dagegen sehr teure Drucker, so
teuer, dass diese dann auch nicht „vor Ort“ stehen werden. Kommt noch
dazu, dass viele Teile eine Nachbearbeitung benötigen, wie
Oberflächenbehandlung etc. Da lohnt es sich einfach nicht, viele lokale
Bearbeitungszentren zu betreiben.
Können 3D-Drucker die Wohnsituationen in Entwicklungsländern retten?
Bild: http://www.ecowoman.de
Fazit: Der 3D-Druck ist noch lange nicht dazu fähig, grössere Mengen
eines Artikels schnell und kostengünstig herzustellen. Es sind erst
einige Anzeichen dazu im Hochpreissegment vorhanden. Ich bezweifle, dass
wir in naher Zukunft eine Umlagerung der Produktion weg von China sehen
werden, falls überhaupt.
- Ein
mit 3D Drucker produziertes Teil braucht viel weniger Rohmaterial als
ein konventionell hergestelltes Teil, und kann bei gleicher Robustheit viel weniger
Gewicht haben. Davon profitieren auch Fluggesellschaften in Form von
massiven Treibstoffeinsparungen.
Zugegeben, nicht alles in dieser
Behauptung ist realitätsfremd, aber doch einiges. Bei dieser Behauptung
wird davon ausgegangen, dass ein Produkt, im herkömmlichen Verfahren
produziert, viel Material „verschwendet“, weil das Teil quasi aus einem
Block herausgefräst wird. Vielfach landen bei Kleinserien diese
Fräsrückstände einfach im Altmetall, und müssen wieder aufwändig
separiert und aufbereitet werden. In der Massenproduktion ist dies nicht
so, hier wird das Restmaterial sofort Artenrein getrennt und gleich der
Aufbereitung zugeführt.
Was auch gerne vergessen wird: Viele Gegenstände werden heute aus
nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, wie beispielsweise Möbel aus Holz.
Das ist beim 3D-Druck nicht möglich, am ehesten vielleicht noch mit PLA,
welches aus Maisstärke hergestellt wird. Aber wer möchte schon einen
Kleiderschrank aufs Plastik?
Es ist hingegen tatsächlich so, dass heute schon spezielle Bauteile für
Flugzeuge im 3D Verfahren erstellt werden, viel leichter sind und
weniger Rohmaterial benötigen. Dies sind aber derzeit Spezialfälle,
welche auf extrem teuren Geräten hergestellt werden und ganz spezielle
Abnahmen und Materialkontrollen benötigen.
Korrekt ist auch, dass der 3D-Druck neue Formen und Konstruktionen
erlaubt, welche mit anderen Herstellungsverfahren nicht möglich waren.
So kann ein Teil beispielsweise hohl sein oder innen eine Gitterstruktur
besitzen. Ausserdem ist es möglich, Teile innerhalb anderer Teile in
einem einzigen Prozess herzustellen.
Beim CNC Fräser wird Material aus einem ganzen Werkstück abgetragen.
Bild: unbekannt (Forum: www.muffel-forum.de)
Fazit: Es geht sicher in diese Richtung. Noch ist die Herstellung im
3D-Verfahren jedoch auf Prototypen und Kleinserien begrenzt.
- Organspender
wird es in Zukunft nicht mehr benötigen. Organe und (menschliche)
Körperteile werden auf 3D-Druckern „erstellt“.
So schön sich dies anhört, quasi
ein unendliches Ersatzteillager für Lebewesen zu haben, so weit sind wir
auch davon entfernt. Auch wenn in ganz winzig kleinem Massstab einige
Experimente mit mässigem Erfolg durchgeführt wurden, wir sind erst ganz
am Anfang. Nicht nur bei den 3D-Druckern dazu, sondern und vor allem
auch in der Forschung zum eigentlichem Endprodukt und der Herstellung
des Ausgangsmaterials.
Fazit: Behauptung 9 ist reine Utopie
- Selber zuhause produzierte Teile schonen die Umwelt. Es braucht
weniger Energie und weniger Rohstoff.
Dies stimmt so – zumindest derzeit – nicht. Jeder der zuhause einen
3D-Drucker hat, weiss, dass es häufig mehrere Versuche braucht, bis das
Teil korrekt gedruckt wurde. Die fehlerhaften Plastikteile landen dann
meist im Haushaltsmüll.
Davon abgesehen braucht eine Maschine, welche 20 Stunden für die
Herstellung eines Teils braucht und dabei die ganze Zeit über zwei oder
drei Heizungen benötigt, eine nicht unerhebliche Menge elektrischer
Energie.
Fazit: Mit dem heutigen Verfahren (FDM) stimmt diese Behauptung nicht.
- Mit 3D-Druckern kann die Industrie schneller produzieren.
Hier wird etwas durcheinander gebracht. Durch die Möglichkeit, ein mehr
oder weniger funktionsfähiges Muster rasch herstellen zu können,
verringert sich die Entwicklungszeit. Es besteht aber auch die Gefahr,
dass sich die Konstrukteure weniger Gedanken machen, bevor ein Modell
erstellt wird, weil ja ganz schnell ein neues, optimiertes Modell
erstellt werden kann und sich so "verzetteln". Gleiches ist ja auch bei
der Umstellung von der Schreibmaschine auf den Computer passiert: Bei
der Schreibmaschine wurde peinlich genau jeder Buchstabe getippt, damit
das Schreiben auch passte. Mit dem Computer wird einfach "wild drauf
los" getippt und dann ausgedruckt - man kann ja ganz einfach korrigieren
und noch mal ausdrucken....
Fazit: Die Industrie kann nicht schneller produzieren, sie kann
schneller ein Produkt von der Idee bis zur Serienreife entwickeln. Dabei
dürfen grundsätzliche Überlegungen aber nicht ausser Acht gelassen
werden.
- Terroristen und andere Kriminelle können sich nun eine Schusswaffe
herstellen, welche zudem schwer aufzuspüren ist, da aus Plastik.
Es gab und gibt tatsächlich Baupläne für Schusswaffen für den
3D-Drucker. Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Viele dieser
Baupläne verwenden normale, industriell gefertigte Metallteile
vorhandener Waffen wie beispielsweise den Lauf oder den Schlagbolzen,
welche leider (in der USA) ohne Waffenschein als Ersatzteile gekauft werden können,
und ergänzen diese Teile mit 3D gedruckten Teilen der Waffe, welche
nicht ohne Waffenschein erhältlich sind, namentlich die
Abzugsvorrichtung. Diese Teile können relativ einfach 3D gedruckt
werden, da hier keine grossen Kräfte auftreten. Die Waffen sind aber
nach wie vor
mit Metalldetektoren auffindbar. Und obwohl einmal eine komplett 3D
gedruckte Handfeuerwaffe aus Kunststoff hergestellt wurde, hält diese
wohl kaum mehr als ein-zwei Schüsse durch, sofern sie nicht gleich beim
ersten Schuss explodiert.
3D gedruckte Handfeuerwaffe. Wer traut sich, damit abzudrücken? Bild:
Wikipedia
Fazit: Diese Behauptung ist sicher nicht ganz abwegig, die Entwicklung
muss im Auge behalten werden. Was man hier allerdings nicht vergessen
sollte: Waffen selber herzustellen ist schon lange möglich, auch für
Private in der Garage. CNC Fräsmaschinen und Drehmaschinen für den Hobby
Bereich, welche schon Jahre vor den 3D-Druckern erhältlich waren, kosten auch nicht mehr als ein 3D-Drucker
und können auch Kunststoff-Teile bearbeiten.
Zusammenfassung
Nur Aufgrund des Herstellungsverfahrens (Objekte in Schichten
aufzubauen, auch (englisch) additive manufacturing genannt) auf die
Anwendungsmöglichkeiten und zukünftige Entwicklungen zu schliessen, ist
zu kurz gefasst. Zuerst müssen noch viele andere Technologien entwickelt
werden, um diese Anwendungen zu erschliessen, vor allem beim verwendeten
Material. Der 3D-Druck macht Fortschritte und es werden laufend weitere
Einsatzgebiete erforscht. Die Fortschritte kommen aber in kleinen
Schritten. Eine sämtliche Materialien schnell druckende Maschine,
womöglich noch für den Heimgebrauch, ist derzeit ganz einfach noch ein
Wunschtraum.
Leider wurden in der Vergangenheit viele Käufer namentlich von
Heimgeräten durch solche Behauptungen und absurden Versprechen der
Hersteller getäuscht
und waren vom Produkt anschliessend völlig enttäuscht. Wir befinden uns
nun glücklicherweise in einer Phase, wo realistische Aussagen gemacht werden können.
Nachdem ich bisher vielleicht den Anschein erweckt habe, dass ich nicht
an die Zukunft des 3D Drucks glaube, ist das pure Gegenteil wahr. Ich
bin überzeugt, dass wir in Zukunft einige bahnbrechende Entwicklungen in
diesem Bereich sehen werden. Wir sollten aber auf dem Boden der Realität
bleiben und uns Schrittweise an der Verbesserung dieser Technik machen,
anstatt von irgendwelchen Hirngespinsten zu träumen.
Man kann mir auch vorwerfen, dass ich kein Visionär bin, die enormen
Fortschritte in der Entwicklung neuer Technologien und Methoden verkenne
oder einfach zu pessimistisch bin. Letzteres bin ich definitiv nicht. Wir sollten aber – trotz aller
Euphorie – realistisch bleiben.
3D-Drucker für den Privatgebrauch
sind wunderbare Maschinen. Nicht mehr und nicht nicht weniger. Es sind
Werkzeuge wie andere auch, und haben derzeit noch ihre Macken (und davon
nicht wenige!). Wenn man sich intensiv mit dieser Technik beschäftigt, kann
man fantastisch tolle Teile erstellen!
Ausblick auf die Zukunft
Wie immer ist es sehr schwierig, die Zukunft vorauszusehen.
Wer erinnert sich noch an solche Aussagen:
| „Mehr als 640 Kilobyte Speicher werden Sie niemals benötigen.“
(Bill
Gates über den Arbeitsspeicher im PC, 1981, ist allerdings nicht
gesichert).
Heute sind 16GB
Arbeitsspeicher nicht unüblich, also das 25‘000-fache.
|
| „Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“
(T. Watson, CEO von IBM, 1943)
|
| „Es gibt keinen Grund, dass jemand einen Computer zu Hause haben
wollte.“
(K. Olsen, Präsident von DEC, 1977)
|
| „E-Mail ist ein Produkt, das sich einfach nicht verkaufen lässt.“
(Ian
Sharp, 1979)
|
| „In zwei Jahren wird das SPAM-Problem gelöst sein.“
(Bill Gates, 2004)
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| „Die Intel 386er CPU hat eine so geballte Rechenleistung, dass die CPU
technisch-wissenschaftlichen Anwendung vorbehalten sein wird. Eine
solche Rechenleistung werden wir in Heim-PC nie benötigen.“
(Technische
Rundschau, kurz nach dem Verkaufsstart der 386er Prozessoren) |
Wir wissen nun, dass diese Vorhersagen komplett falsch waren.
Allerdings - im damaligen Kontext machten einige dieser Aussagen durchaus
Sinn.
Als Beispiel die Aussage: "Es gibt
keinen Grund, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte."
Diese Aussage war damals absolut korrekt, da es dazumal schlichtweg keine
Anwendung dafür gab.
Aber wie wollen wir den die Zukunft (bei 3D-Druckern) vorhersagen – oder
zumindest mögliche Entwicklungen voraussagen?
Hier helfen uns Analogien
aus der Vergangenheit. Gehen wir zuerst auf die Heimgeräte ein. Diese
meist nur mit einem oder zwei Extrudern/Hotends (Druckköpfen)
ausgestatteten Geräte tragen Schicht für Schicht eines Kunststoffes auf,
indem der Druckkopf einer vom Computer berechneten Bahn folgt. Dieser
Prozess dauert naturgemäss sehr lange und ist recht ungenau (Toleranzen
von Löchern als Beispiel), was auch mit dem recht grossen Durchmesser
der Druckdüse von meist 0.4 oder 0.5mm zu tun hat. Der Düsendurchmesser
kann wohl verkleinert werden, was dann aber massiv auf Kosten der
Geschwindigkeit geht. Der Druckprozess lässt sich auch nicht beliebig
beschleunigen, da einerseits die Masse (Druckkopf oder Druckbett)
beschleunigt werden muss, und andererseits das Material eine gewisse
Zeit braucht, um auf die Drucktemperatur aufgeheizt zu werden und am
Objekt wieder abzukühlen.
Ein ähnliches Gerät gab es schon früher im 2D-Druckbereich und nannte
sich Stiftplotter. Bei diesem wurde ein Tuschstift ebenfalls in der X-
und Y-Achse über Papier oder Folie bewegt, um eine Zeichnung
herzustellen. Die Geräte waren im Maschinenbau und der Architektur weit
verbreitet und unverzichtbar. Und wie die heutigen 3D Drucker waren
diese Geräte ebenfalls recht unzuverlässig. Wenn nach 2 Stunden Druck
die Tusche ausging oder der Stift „verhockt“ war, musste der Druck von
vorne wieder begonnen werden. Die Tuschstifte mussten regelmässig
gereinigt und vor jedem Druck auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft
werden. Diese Technik wurde erst durch das Aufkommen der
Tintenstrahldrucker abgelöst, welche wesentlich schneller und
zuverlässiger funktionierten.
Stiftplotter aus den 90er Jahren. Bild: Wikipedia
Erste Anzeichen hierzu sind auch im 3D Bereich vorhanden, als Beispiel
kann hier der HP Multi Jet 3D Drucker genannt werden, welcher mit einer
riesigen Anzahl Düsen ein Pulver aufbringt und anschliessend verfestigt.
Diese sind aber derzeit wohl im Bereich um 250’000.- Fr angesiedelt und
benötigen die Stellfläche einer Kücheninsel. Bei den Stiftplottern hat es
Jahrzehnte gedauert, bis die neue Technologie reif war und sie
schlussendlich vom Markt verdrängt wurden. Es ist kaum vorstellbar, dass
sich dies bei den 3D Druckern anders verhalten wird.
HP Multi Jet 3D-Drucker. Bild: HP
Eine Art 3D „Tintenstrahldrucker“ für unterschiedliche Materialien wie
Kunststoffe und Metalle ist in Zukunft nicht nur denkbar, sondern auch
wahrscheinlich. Bis sich solche Geräte im Heimbereich durchsetzen wird
es wohl noch 10 bis 20 Jahre dauern (wohl eher bei 20). Erst mit solchen
Geräten wird der 3D-Druck zuhause schnell, präzis und zuverlässig
möglich werden. Leider haben sich viele der grossen Hersteller aber vom
Heim- und Semiprofessionellen Bereich verabschiedet, so dass die
Entwicklung hier eher mässig voranschreiten wird.
Im professionellen Bereich wird die Entwicklung schneller fortschreiten.
Dies hat mehrere Gründe. Einerseits ist Marge hier ungleich höher als
bei den Heimgeräten. Die Industrie ist bereit, sehr viel Geld für solche
Geräte auszugeben, um der Konkurrenz bei der Produktentwicklung zuvor zu
kommen. Andererseits ist hier ein konstanter Bedarf nach immer
schnelleren und besseren Geräten vorhanden, während der Heimsektor eher
am Abflauen ist (wesentlicher Grund sind die nicht eingetroffenen
Behauptungen 1 und 2). Bekannte 3D Hersteller der ersten Stunde (Stratasys,
3D Systems) haben den Heimsektor entweder komplett aufgegeben oder
massiv heruntergefahren.
Machen wir den gleichen Fehler nicht
noch mal: Meldungen von Erfolgen im
Profisegment können nicht einfach auf den Heimbereich übertragen werden. |