Rad und Schiene   Shop
 

 Home
 Nach oben
 Digitalsteuerung
 Rad und Schiene
 Gleise+Verkabelung
 Motoren
 Kupplungen
 Dampfgeneratoren
 Baugrössen
 Epochen
 Lexikon

   

Rad und Schiene

Genau wie bei der grossen Bahn bilden auch bei der Modellbahn Rad und Schiene ein System. Dieses muss gut aufeinander abgestimmt sein, um einen möglichst reibungslosen und störungsfreien Betrieb ohne Entgleisungen zu ermöglichen.

Schienenfahrzeuge, wie wir sie hier kennen, laufen auf den Radreifen. Das Fahrzeug wird - vereinfacht ausgedrückt - durch die Spurkränze davon abgehalten, von den Schienen zu fallen. Der Spurkranz ist sozusagen die innere „Scheibe“, welche zwischen den Schienen das Fahrzeug in die Richtung des Gleises führt.

Historisch bedingte Kompromisse beim Modell

In den Anfangsjahren der H0 (00) Modelleisenbahn konnten die Schienen, Räder und Achsen nicht in grossem Umfang so präzis hergestellt werden, wie mit modernen Fertigungsverfahren. Damit die Fahrzeuge auf den damaligen Blechgleisen trotzdem nicht entgleisten, waren völlig überdimensionierte Räder (Breite) mit hohen Spurkränzen von Nöten.

Im Laufe der Zeit wurden die Produktionsverfahren verbessert, die Vollmetall-Schienen verdrängten die aus Blech gebogenen Schienen. Kunststoffschwellen konnten mit hoher Präzision kostengünstig in grossen Mengen produziert werden. Dies machte die hohen Spurkränze überflüssig.

Nun konnte die Industrie aber nicht erwarten, dass alle Modellbahner so zu sagen über Nacht ihre lieb gewonnenen Loks und Wagen entsorgen und neues Material kaufen. Deshalb wurde nur schrittweise umgestellt. Leider haben nicht alle Hersteller gleichzeitig umgestellt, auch ist die Philosophie bezüglich der Rückwärts-Kompatibilität bei den Herstellern unterschiedlich. Bei Märklin wurde beispielsweise immer stark darauf geachtet, dass ältere Fahrzeuge auch auf neuen Gleisen problemlos fahren und umgekehrt.

Eine Roco Be 4/6 älterer Bauart.
Deutlich erkennbar sind die hohen Spurkränze, welche bei neuen Gleisen auf den Kleineisen auflaufen und "rattern".
 

Dies alles hat dazu geführt, dass vor allem im deutschsprachigen Europa eine Vielzahl unterschiedlicher Normen und Ausführungen der Gleise und Räder bestehen. Angeführt von der Fachpresse geht der Trend aber unaufhaltsam in Richtung Massstäblichkeit bei Modellbahnen. Dies wird sich auf Dauer kein Hersteller verschiessen können. Und zur massstäblichen Wiedergabe gehören Räder und Schienen dazu.

Grössere Spurkränze verhindern beispielsweise bei vielen Dampfloks die vorbildrichtige Radgrösse beziehungsweise den korrekten Achsabstand.

Normen

Um dem Wildwuchs der unterschiedlichen Systeme Einhalt zu gebieten, wurden Normen aufgestellt. Hier kurz die in Europa gebräuchlichsten Systeme:

NEM 340

Die NEM 340 definiert ein Rad/Schienen System für Mittelleiteranlagen, konkret für Märklin H0. Ältere Fahrzeuge haben davon abweichend höhere Spurkränze, dickere Räder und ein Radinnenmass von nur 13.8mm.

Ich empfehle, sich beim Radinnenmass an die in der NEM 340 empfohlenen 14.0 oder gar 14.1mm zu halten.

NEM 310 und NEM 311

In diesen beiden Normen sind die in Europa für den Zweileiterbetrieb am häufigsten verwendeten Systeme definiert. Wenn bei Gleichstrom-Fahrzeugen von Radsätzen nach NEM gesprochen wird, handelt es sich um diese beiden Normen.

RP-25

In Amerika haben sich originalgetreue Räder und Schienen bereits viel früher durchgesetzt. Eine auch hierzulande gängige Norm ist die vom NMRA aufgestellte RP-25 (Recommended Practice der NMRA *2). Der überwiegende Anteil H0 Anlagen nach amerikanischem Vorbild wird auch in Europa in dieser Norm gebaut, da man dadurch von der grossen Vielfalt der Loks und Wagen nach amerikanischem Vorbild amerikanischer Hersteller profitieren kann. RP-25 definiert Radkonturen. Die gängigste ist der Code 110. Wenn von RP-25 die Rede ist, ist meist der Code 110 gemeint. http://www.nmra.org/standards

Proto:87, P87 und H0Pur

Einen Schritt weiter gehen die weniger bekannten Systeme Proto87 und H0Pur. Die in Grossbritannien von Enthusiasten entstandene und ab etwa Mitte der 90er Jahre auch in den USA und dem Europäischen Festland eingeführte Entwicklung – hier als H0Pur – hat zum Ziel, eine absolut exakte Verkleinerung des Originals um den Faktor 87 (also H0) nachzubilden. Diese mit sehr zierlichen Spurkränzen versehenen Räder benötigen präzise gefertigte und verlegte Gleise und Weichen mit ebenso feinen Schienen.

 

Übersicht

NEM 340

NEM 310

RP-25
und S-4.1

Proto:87
H0Pur

 
Radsatz          
  • Radbreite

min. 3.0

min. 2.8

 

   
  • Radreifenbreite

 

 

2.74

   
  • Spurkranzhöhe

max. 1.35

max. 1.2

0.635
max. 0.71

   
  • Radinnenmass

min. 14.0

min. 14.3

14.4

   
Gleis          
  • Spurweite

16.5

16.5

     
  • Abstand Schiene- Radlenker

max. 1.7

max. 1.3

     
Bild    

Alle Bilder: Luck Feinmechanik

 

Verschiedene Systeme gleichzeitig

Die wenigsten Modellbahner werden ihr gesamtes Rollmaterial veräussern wollen, und mit Neukauf von vorne beginnen. Trotzdem hegt der ein oder andere (ich) den Wunsch, auf feinere Räder und Schienen umzustellen.
Hierzu eine Anmerkung: Ich fahre nach wie vor mit Mittelleiter. Viele mögen das zusammen mit feineren Rädern als Widerspruch sehen. Mich stören aber die groben Räder mehr als die dezent im Schotterbett versteckten Punktkontakte. Auch die Höhe der Schienen ist mir da weniger wichtig, wobei die K-Gleise schon wegen ihrer Breite doch etwas wuchtig daher kommen.

Problemzone Weichen

Der Betrieb auf normalen geraden und gebogenen Gleise verursacht kaum Probleme. Lediglich die Spurkranzhöhe gilt es zu beachten. Altes Roco und Märklin Rollmaterial läuft mit den Spurkränzen auf den Nachbildungen der Kleineisen auf und rattert über die Gleise. Hier ist meistens eine Schienenhöhe von mindestens 2.3mm – wie beim C-Gleis – notwendig.

Anders bei den Weichen: hier ist nicht nur die Schienenhöhe, sondern die gesamte Geometrie der Weiche für einen sicheren Betrieb massgebend. Insbesondere sind zwei Problemzonen auszumachen:

Einerseits ist dies das Herzstück; das ist diejenige Stelle, wo die Schienen sich kreuzen. Damit der Spurkranz beide Richtungen durchfahren kann, ist hier eine mehr oder weniger grosse „Lücke“ in den Schienen vorhanden. Diese Lücke muss umso breiter sein, je breiter der Spurkranz ausgebildet ist. Ist die Lücke gross im Verhältnis zum Raddurchmesser, fällt das Rad nun in diese Lücke hinein: es kommt zum gefürchteten unsauberen Lauf und rumpeln, das Rollmaterial neigt sich zur Seite.

Um dies zu verhindern, haben gewisse Hersteller den Boden dieser Lücke leicht erhöht, so weit, bis der Spurkranz berührt wird. Damit läuft nun bei dieser Lücke das Rad nicht auf dem Radreifen, sondern auf dem Spurkranz. Eine gute Sache, nun rumpelt nichts und das Rollmaterial kippt auch nicht. Leider hat die Sache einen Haken: es funktioniert nur mit einer ganz bestimmten Spurkranzhöhe sauber. Räder mit höheren Spurkränzen werden nun angehoben, bei kleineren Spurkränzen fällt das Rad trotzdem noch „ins Loch“. Beispiele für diese Weichenkonstruktion mit auflaufenden Spurkränzen sind die Märklin K- und C-Weichen sowie Roco Weichen, bei denen es sogar Messingeinsätze gibt, um die Weichen auf niedrige Spurkränze umzurüsten.

Sind die Spurkränze sehr schmal ausgebildet, kann eine Weiche so konstruiert werden, dass ein Spurkranz auflaufen nicht möglich ist. Hier können dann aber Fahrzeuge mit breiteren Spurkränzen nicht durchfahren, da sich deren breiter Spurkranz in der engen Lücke nicht durchzwängen kann.

Man sieht: eine universelle Weiche nach diesem Prinzip ist schlichtweg geometrisch unmöglich. Eine Alternative wäre eine Weiche mit beweglichem Herzstück. Bei diesen dreht sich das Herzstück je nach Weichenstellung und liegt so zu sagen lückenlos an der Schiene an. Solche Weichen können nun von sämtlichem Rollmaterial befahren werden – entsprechende Schienenhöhe und Mindestradien vorausgesetzt. Eine Weiche nach diesem Prinzip ist die schlanke Märklin K-Gleis Weiche 2272 und 2273, welche allerdings nicht mehr produziert werden.

 

 
 
Das Bild oben zeigt eine K-Gleis Weiche, wie sie aktuell hergestellt wird. Bei diesen laufen die Räder im gekennzeichneten Bereich auf den Spurkränzen. Räder mit kleineren Spurkränzen fallen deshalb in den Zwischenraum, wodurch das Rollmaterial sich zur Seite neigt und im schlimmsten Fall entgleist.

 

 
 
Hier zum Vergleich eine K-Gleis Weiche aus älterer Produktion mit beweglichem Herzstück. Diese Weiche ist für sämtliche Räder geeignet, da es einen geschlossenen Schienenstrang ergibt.
Der Preis hierfür ist allerdings eine komplizierte Mechanik, welche das Einschottern dieser Weichen nahezu verunmöglicht.

 

 
 

Siehe auch die folgenden Seiten:

Weichenumbau von Zwei- auf Mittelleiter

 

 

*1   NEM = Normen Europäischer Modellbahner
*2   NMRA = National Model Railroad Association

   Zurück |  Home |  Nach oben |  Weiter
Erstellt: 31.08.2009
Geändert: 21.07.2022

Impressum

© Copyright 2001 - 2022 Rainer Lüssi. All Rights Reserved.